3 nights in Bangkok

Bangkok, 17.-20.11.2013
Böse Überraschung am Morgen. Zunächst lasse ich es ruhig angehen. Gleich treffe ich mich mit dem Enkel von Frau Am Pai. Um 10:30 meinte Ann vom Guesthouse, ich müsse nun auschecken. Mein Bus fährt aber erst am Abend. Also möchte ich erst am Abend auschecken und das Zimmer dann eben noch einen Tag mehr bezahlen. „Nein“, sagt sie, ‚ich müsse jetzt auschecken. Mein Bus fährt um 11:00, sie hätte mir ein früheres Ticket besorgen können. Toll, und das erfahre ich eine halbe Stunde bevor der Bus abfährt. Jetzt aber in Highspeed, packen, zahlen, Wäsche abholen, den Schlüssel für Sai Yawds Moped abgeben, Am Pais Enkel absagen, nichts vergessen, Pass? Geld? Papiere? und ab dafür. Ich schaffe es grad noch.

Nun sitze ich 10 Stunden in einem, zugegebenermassen, bequemen Bus. Alles ist auf dem Economy-class Niveau eines Flugzeugs. Es gibt eine Asphaltess, einen Bildschirm und Spielekonsole fürs Entertainement, Essen, Trinken und viel Beinfreiheit. Was Busse angeht, da lassen sich die Thais nicht lumpen. Das Busnetz gilt als das dichteste und beste der ganzen Welt. Dichter und besser als in Deutschland, ist aber auch keine Kunst.

Bangkok, von mir seit Jahren gemiedener Großstadtmoloch. Ich quartiere mich ganz im Osten, in der Nähe des neuen Flughafens ‚Suvarnabhumi‘, im Lat Krabangviertel ein. Eine kleine Nebenstrasse (Soi), in der vor allem Boden- und Bordpersonal der verschiedenen Airlines und des Flughafens wohnen. In dieser Soi 48 gibt es alles, was man so braucht, vor dem Ab-oder Weiterflug. Guesthouses, eine kleine Wäscherei, Friseur, Family Mart, verschiedene kleine Essensstände, ein Internetcafe in dem einige Youngster Krieg spielen und auch ein kl. Markt am Abend. Ich liebe es, das es fast überall, wo man in Thailands Städten aus dem Taxi steigt, einen kleinen Mikrokosmos gibt, aus dem man sich eigentlich gar nicht mehr herausbewegen muss.
Ich komme spät abends auf einem der Busbahnhöfe in Bangkok an. Hier organisiere ich mir ein Taxi und fahre ca. eine Stunde bis ins Lat Krabang. Unglaublicher Verkehr. Als der Fahrer auf dem Freeway quasi freie Fahrt hat, wurde es zu einer Fahrt, die mich stark an die Verfolgungsjagt in einem Hollywoodfilm erinnerte. „Buddha, Buddha, es geht schon gut, es geht schon gut“ Ging es dann auch.

Am nächsten Tag habe ich mich mit Luen Sy und Nang Shwe Kyar verabredet, unseren beiden ‚Ex‘ Stipendiatinnen. Beide müssten noch zwei Semester studieren und wären durch. Vor einigen Wochen habe ich ihnen die Nachricht senden müssen, dass wir nicht mehr in der Lage sind, ihre Stipendien zu bezahlen. Ich fühle mich unglaublich schlecht. Wie niedergeschlagen müssen die beiden sein? Es gibt wohl noch Möglichkeiten. Beide bemühen sich um einen neuen Sponsor und auch wir versuchen alles. Beiden ist die Schulgebühr auf Grund ihrer guten Leistungen halbiert worden. Aber es ist halt doch eine Menge Geld. Jeweils fielen für ein Jahr ca. 3.700 € an. Es geht halt um ein vollwärtiges Universitätsstudium. Ich bekomme die mail einer Bekannten, die wegen ihrer früheren Tätigkeit in Tansania, Verbindungen hat zu verschieden Stiftungen und Organisationen. Wären unsere beiden Shan Ladies Christinnen, ginge da was. Aber leider sind es Buddhistinnen. Klar, da geht nichts. Was sind das für Menschen? Don Bosco Stiftung – Leute ‚ Hände weg von Missionaren‘. Ich bin unglaublich wütend.

Ich staune, wie aufrichtig Luen Sy und Nang Shwe Kyar sich freuen, mich zu sehen. Mittlerweile kennen wir uns schon einige Jahre. Aber ist ein abgebrochenes Stipendium nicht grausamer als gar keines? Sicher haben beide nach meiner mail viel geweint aber nun sehen sie nach vorne und sind irgendwie optimistisch das vielleicht doch noch jemand sie sponsort. Für das kommende Semester haben sie die Zahl der Fächer reduziert um die Kosten zusätzlich zu senken. Ich gebe beiden ein between-borders T-Shirt und nun sind wir drei ein nach aussen erkennbares Team. Wir gehören jetzt im Moment zusammen.

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Nang Shwe Kyar
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Luen Sy

Ein Fischrestaurant soll es sein. Wir entscheiden uns für eins in einer kleinen Soi. Scheint ein Familienbetrieb zu sein, denn zwischen den Tischen läuft und spielt eine bunte Kinderschar herum. Gutes Feng Shui, aber infernalischer Lärm, da gegenüber Autoschrauber an Autos schrauben. Wir fühlen uns wohl und essen gemeinsam.

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für heute das between-borders team.

Mir fällt auf, dass Nang Shwe Kyar sich häufig die Augen reibt ud ich frage sie danach. Es sei keine Migräne meint sie. Luen Sy sagt, das hätte sie schon länger. Sie kann teilweise schlecht sehen. Starke Kopfschmerzen auf einer Seite des Kopfes hat sie. Da eine Diagnostik für sie unbezahlbar wäre, gebe ich ihr zum Abschied das Geld dafür. Sie wird mich sofort informieren, was dabei herausbekommen ist. Wir umarmen uns zum Abschied. Mein Gott, wünsche ich den beiden Glück. An ihren Träumen für die Zeit nach einem Studium hat sich nichts geändert und für mich ist es das Nachhaltigste was man unterstützen kann, Bildung bzw. auch eine höhere Bildung. Diese Menschen werden dringend gebraucht in einem Shan Staat, der Bedarf hat an jungen gebildeten Leuten, die helfen Strukturen zu schaffen. Ob im Gesundheits- o. Bildungswesen oder um z.B ein Mikrokreditmodell zu schaffen, wie Nang Shwe Kyar es vorhat.
Hier nachzulesen.

Am darauffolgenden Tag treffe ich einen Freund der hier in Bangkok lebt und ein langjähriger Kenner der politischen und militärischen Entwicklungen in Burma und den Gebieten der ethnischen Völker und Gruppen des Landes ist. Wir treffen uns in der Innenstadt in einem Einkaufspalast wie ihn noch nie gesehen habe. Ich fahre zum ersten Mal Skytrain und Metro in Bangkok und merke wieder, dass ich eigentlich ein Landei bin. Fasziniert von dieser Megacity bin ich aber schon. 5 Stunden nterhalten wir uns über Leute, die wir beide kennen, die Entwicklungen in Burma, eine mögliche Zukunft des Landes und und und. Wir stellen fest, dass wir in fast allen Punkten übereinstimmen. Ob es die ziemlich schlechte Performance von Aung San Suu Kuyi ist, oder der eklatante Unterschied zwischen dem, was wir im Westen über Burma zu lesen bekommen und der tatsächlichen Situation, vor allem wieder einmal für die nicht burmesichen Ethnien und die Muslime. Natürlich bleiben wir in Kontakt. Nachdem wir uns voneinander verabschiedet haben laufe ich noch 2 Stunden die Rama I auf und ab und wenn es regnen würde, wäre es wie in ‚Blade Runner‘.
Dann ging es mit dem Skytrain wieder zurück ins ruhige Lat Krabang.

Zurück nach Deutschland am 20. Ich habe noch nie einen solchen jetlag gehabt und schaffe es erst heute meinen Bericht zu Ende zu bringen.
Es ging auf meiner Reise neben dem Mae Hong Son Projekt, vor allem darum, mich mit unseren Partern zu treffen und die Situation nach Karls Tod zu besprechen, klar zu machen, dass es ein Team gibt, das auch vorher schon da war. Das es zwar weiter geht aber auch dass Between-borders im Moment keine großen Sprünge, sprich, Versprechungen machen kann, musste besprochen werden. Uns wird sehr hoch angerechnet, dass wir uns nicht, wie die meisten anderen Organisationen, abgewendet haben von den Problemen die die Shan nach wie vor haben in diesem Burma. Das wir nicht nach Yangoon gegangen sind oder unsere Unterstützung ganz eingestellt haben. Wir werden als Parter wahrgenommen und als Freunde. Das ist sehr schön und ich freue mich sehr auf meine nächste Reise between the borders.

Marcus Mitwollen
Marcus Mitwollen

Marcus ist seit 2006 im Verein tätig und war schon Mitglied bei 'Helfen ohne Grenzen Deutschland'. Er ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in Bremen. Von Beruf ist er Intensiv/Anästhesiepfleger im Schichtbetrieb und Bewegungslehrer. Im Verein ist er fast von Beginn an im Vorstand aktiv. Die thailändisch/burmesische Grenzregion kennt er seit 30 Jahren und spricht leidlich Thai. Ihn hat man am Telefon wenn man between-borders anruft.

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