Inge Sargent(die letzte Shan Prinzessin) ist gestorben
Am 05. Februar 2023 ist Inge Sargent im Alter von 91 Jahren gestorben. Diese beeindruckende Frau, hat von Beginn an mit der Arbeit von between-borders und davor Helfen ohne Grenzen-Deutschland zu tun. Deshalb will ich hier kurz an sie und ihr Leben erinnern.
Inge Sargent trug auch die Namen Sao Nang Thu Sandi oder Mahadevi (himmlische Prinzessin). Sie war die ‚letzte Shan Prinzessin‘ und ist unter den Shan weltweit bis heute hochverehrt.
Inge Sargent wurde 1932 in in Kärnten geboren. Ihr Vater war Förster. Sie wuchs auf dem Land auf. Anfang der 50er Jahre ging sie in die USA und studierte in Denver(Colorado) wo sie auch ihren späteren Mann Sao Kya Seng, einen Bergbaustudenten, kennenlernte. Sie verleibten sich und heirateten im März 1953. Sao Kya Seng wollte Inge nun seine Heimat zeigen, die Shan Staaten Burmas. Erst als das Schiff den Hafen in Ranguun erreicht und sie von einer riesigen Menschenmenge in Festtagskleidung und in blumengeschmückten Booten empfangen werden, beichtet ihr Mann ihr, daß er ein Prinz ist und sie somit eine Art Prinzessin.
Offiziell wird Inge Sargent am 2. November 1957 Mahadevi (himmlische Prinzessin) und Sao Kya Seng wird Saophalong (Himmelsherrscher). Die junge Prinzessin organisiert zunächst Dorffeste und lässt dann die bestausgestattete Geburtsklinik der Shan Staaten bauen, als eine ihrer Bediensteten bei einer Geburt fast stirbt. Ihr Mann setzt eine Landreform durch. Gegen den Widerstand vieler Adeliger verteilt er Land an die Bauern die es bestellen. Ausserdem treibt er Bergbau- und etliche weitere Entwicklungsprojekte in seinem Bergstaat Hsipaw voran.
Das junge Paar bekommt zwei Töchter und ist in den Shan Staaten extrem beliebt. Alte Bewohner Hsipaws, hier lebt die junge Familie im East Haw genannten und mit ‚Palast‘ etwas sehr groß beschriebenen Haus mit Garten, erinnern sich an eine Zeit des Wohlstands in der es ihnen erheblich besser ging als heute in einem jahrzehntelang von den Militärs heruntergewirtschafteten Land.
1959 verzichten die Prinzen (Saophas) der verschiedenen Shan-Staaten auf ihre Regentschaften und aus den Shan Staaten wird der Shan Staat. Sao Kya Seng wird Abgeordneter im sogenannten House of Nationalities.
1962 kommt es zur Katastrophe. General Ne Win putscht sich an die Macht. Auf dem Weg vom Flughafen in Heho zurück nach Hause in Hsipaw wird Sao Kya Seng an einem Checkpoint heimlich verhaftet und verschwindet in den Kerkern des Diktators. Das er bald ermordet wurde, gilt als sicher.
Die Mahadevi wird mit ihren Töchtern und den Angestellten unter Hausarrest gestellt. Mutig und ausdauernd versucht sie bei den Militärs herauszufinden, wo ihr Mann ist. Sie wird aber immer weiter isoliert. Die Lage wird immer gefährlicher für die Mahadevi und ihre Töchter so das Freunde ihr dringend raten, das Land schnell zu verlassen. 1964 bleibt ihr nichts anderes mehr als Hsipaw , den Shan Staat und Burma zu verlassen. Sie wird nie wieder zurückkehren.
In Wien kann sie eine Zeit lang im diplomatischen Dienst der Botschaft Thailands arbeiten. Während dieser Zeit hört sie nie auf ihren Mann zu suchen. Bei einem Kuraufenthalt des burmeschen Diktators und vermeintlichen Auftraggebers des Mordes an ihrem Mann, konfrontiert sie diesen offen mit seiner Schuld. Sie verschafft sich Zugang zu dem Schloss in dem Ne Win mit seiner Entourage untergekommen ist, indem sie das Diplomatenkennzeichen ihres VW Käfer nutzt. Ihre beiden Töchter an den Händen haltend fordert sie den Mann, der ein ganzes Land in Krieg, Armut und Hoffnungslosigkeit gestürzt hat, auf, ihr zu sagen, wo Sao Kya Seng ist und was ihm vorgeworfen wird. Sie düpiert die Gesellschaft und Ne Wins Frau. Der Diktator versteckt sich aber vor ihr.
Später geht Inge zurück in die USA wo sie ein zweites Mal heiratet. Thailand besucht sie 1988 noch einmal. In dem Jahr, in dem es im August zu einem Massaker an tausenden Stdenten*innen kommt, die gegen die Misswirtschaft und die Drangsalierung durch die Militärregierung auf die Strassen gehen. In Chiang Mai erfährt sie, wie sehr sie immer noch von der Shan Bevölkerung verehrt wird. Sie setzt sich in Gesprächen dafür ein, dass die USA ihre Antidrogenpolitik in Burma ändern da Bauern extrem verarmen und die Strippenzieher, warlords, burmesischen Militärs straffrei bleiben und immer mehr profitieren.
2008 gründet Inge Sargent eine Stiftung, die sich die Unterstützung von Kriegsflüchtlingen in Burma zun Ziel setzt. Seitdem haben auch wir immer mal wieder Anknüpfungspukte mit ihr gehabt. Die Stiftung unterstützte unter anderem auch unsere Partnerorganisation SWAN (Shan Womens Action Network). In Ban Piang Luang steht direkt auf der Grenze zwischen Thailand und Burma der Tempel Wat Fah Wiang Inn. Hier, wo between-borders seit 2007 kontinuierlich Programme betreibt und unterstützt. hat Inge Sargent einen Pavillon errichten lassen in dem auf Bilder und Fototafeln die Geschichte der Shan Fürstentümer, ihrer Regenten und Bevölkerung bis hin zur Gründung des Shan Staates dargestellt ist. Bis 2018 war Inge Sargent aktiv und hat auch immer wieder Interviews gegeben.
Ihre Geschichte hat sie in dem Buch. Dämmerung über Burma – Mein Leben als Shan-Prinzessin beeindruckend erzählt. Diese wurde später verfilmt. In Twilight over Burma wird sie von der deutschen Schauspielerin Maria Ehrich gespielt. Der Film ist als DVD erhältlich und läuft auch immer wieder im Fernsehen. In Burma ist er natürlich streng verboten und wird unter den Ladentischen gehandelt.
Am 05.Februar, 2 Tage vor dem Shan National Day, ist Inge Sargent in ihrem Zuhause in Boulder/Colorado im Alter von 91 Jahren versrorben. Ich habe eine Freundin in Hsipaw erreichen könnnen. Sie wird vor dem Tor von East Haw, dem Haus der Mahadevi, ihres Mannes Sao Kya Seng und ihrer beiden Töchter, für uns Blumen ablegen.
2019 hatt ich die Möglichkeit das Haus von Inge und ihrem Sao Kya Seng, East Haw in Hsipaw im Shan Staat zu besuchen. Eigentlich waren die Tore für die Öffentlichkeit geschlossen. Die housekeeperin Miss Bai Fern wollte nicht, dass die Besucher im Garten herumlaufen, überall Fotos machen und laut sind. Auf Vermittlung einer Freundin aus Hsipaw öffnete sie für uns das Tor. Besonders für meine beiden Begleiterinnen von SWAN (Shan Womens Action Network) war dies ein sehr bewegender Moment, und wir drei werden diesen Tag nie vergessen. Ich selbst habe spüren können, was es für meine Schwestern bedeutet hat, hier sein zu können, was Sao Thusandi und Sao Kya Seng für besondere Menschen für die Shan gewesen sind.
eine Freundin legt für between-borders Blumen am Tor des East Haw nieder. Es sind die einzigen, wie es scheint.