Zwischen den Grenzen

Endlich raus aus der Stadt.In Chiang Mai kommt bei mir sehr schnell das Gefühl auf, eigentlich nicht dort sein zu wollen. Ich finde nicht so richtig rein in dieses Thailand. Immer dieselben Touristen die immer dieselben Gespräche führen, immer dieselben Dinge unternehmen und eigentlich auch immer gleich aussehen. Man führt kaum mal ein Gespräch mit jemanden und das macht auf die Dauer ein komisches Gefühl. Internet und Smartphones gab es vor 20 Jahren noch nicht, als ich das erste mal hier war. Jede/r hat überall sein Tablet oder I-phone in der Mache. Macht vieles einfacher aber für viele auch vieles Ärmer. Na ja und ich wohne nun mal nicht hier oder habe wenigstens ein Büro, sondern ich sitze in einem, zugegeben sehr freundlchen, Guesthouse zwischen den Guests.

 

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on the road

Heute endlich nach Norden. Mit jedem Kilometer fühl ich mich besser. Die Berge werden höher, das Grün der Vegetation haut einen schier um und die Menschen sehen nun immer exotischer aus. Und dann biegen wir das erste mal von der großen Strasse ab. Immer weiter nordwärts wird die Strasse enger und enger.Die Kurven auch. Und endlich ist es wieder da, das Lächeln. Mein eigenes und das der Menschen, die den blassen langen Kerl wahrscheinlich auch einfach komisch finden. Ich merke, wie ich lockerer werde und bereue schon jetzt, das ich kaum Zeit haben werde hier zu sein.
Es geht nach Loi Kaw Wan. Also irgendwo hinter Ban Thoed Tai von der Strasse ab und über die Grenze in eine andere Welt.
Aber zunächst fährt uns unser Fahrer durch eine atemberaubende Landschaft und durch chinesische Dörfer mit den charakteristischen U-Höfen. Es geht an Muserdörfern mit grasgedeckten Dächern vorbei. Wir passieren Tee- und Kautschukplantagen. Am Strassenrand immer mal wieder Gruppen der Bergbewohner, die Lasten von A nach B tragen, teilweise nun auch Stammesangehörige der Lisu oder der Akha in vollem Ornat.
Wir essen in Ban Thoed Tai in einem chinesischen Restaurant schwarzes Huhn, Wasserspinat mit Knoblauch und Schweinegeknurpsel mit Sauce. Alles super, ausser die Knurpsel. Ich kann Fleisch, das entwieder nur Knorpel oder nur Knochen oder nur beides ist, nichts abgewinnen.
Dann verlassen wir Thoed Tai nach Westen und nachdem verschiedene Checkpoints nicht den Eindruck ernsthafter Sicherheitsbedenken seitens der Thaiarmee erkenne lassen, passieren wir den Schlagbaum und sehen die Fahne des Shan-Staated wehen.

Auch die Soldaten der Shan State Army Süd winken uns Gewehrbehängt zu, genau wie jetzt alle Kinder (ohne Gewehre). Lange werden wir nicht hier sein. Ich war schon häufig hier und würde gerne sofort einchecken und einige Tage hierbleiben und die Menschen ‚wirklich treffen‘

22 Kinder zähle ich hier heute. Sie haben sich in zwei Reihen zu unserer Begrüßung aufgestellt. Spätestens jetzt, ist es um mich geschehen. Beide Kindergärtnerinnen stehen stramm. Erst langsam werden sie lockerer. Ich mag diese Rolle gar nicht. ‚Da kommt der Sponsor aus Deutschland und macht viel Fotos. Da müssen wir das beste Bild abgeben.‘

Aber mehr Status werde ich hier nicht erlangen, in der kurzen Zeit.
Wir reden über den Platz für die Spielgeräte, die unsere Partner von der OPC aus Hamburg, die den Kindergarten unterhalten, stiften. Die Frage ist: drinnen oder draussen. Beides hat Vor- und Nachteile. Draussen verwandelt sich in der Regenzeit alles in Matsch und sie können für lange Zeit kaum genutzt werden. Für ein Dach und Betonsockel reicht das Budget nicht. Drinnen nehmen sie Platz weg.

Aber, wie ich mich überzeugt habe, es ist absolut genügend Platz da. Auch um die Geräte herum ist ausreichend Platz. Wir haben das Für und Wieder besprochen. Dann kam mir eine Idee. Ich habe den Kindern erklärt, das sie Spielgeräte bekommen sollen und abstimmen lassen, ob die drinnen oder draussen stehen sollen. 14:8 für drinnen. Damit waren alle zufrieden.

Dann haben die Kinder gesungen und ich habe meine Camera nicht in Gang bekommen.
Dann wurden Süssigkeiten, Kekse und Limonade verteilt und endlich durften sie wieder spielen.

Nun wurde noch eine Bitte an mich herangetragen. In der Highschool des Camps arbeiten 22 Lehrer/innen. Seit vier Monaten werden nur noch 8 von ihnen bezahlt. Diese teieln sich ihr Gehalt mit den anderen 14 auf. So bleibt fast nichts mehr.
Ein Monatsgehalt beträgt 2.500TB = 60 €
Das hiesse pro Jahr : 721 €
Ich habe unsere Situation erklärt und natürlich keine Zusage gemacht. Meine Idee ist nun: Fragt doch mal bei befreundeten Lehrern oder vielleicht mal in einer Schule nach, ob jemand bereit wäre, einer Lehrerpatenschaft zu übernehmen. Das eine Menge Geld, aber etwas anderes konnte ich nicht versprechen. Meine Idee finde ich aber gut (lautes Schulterklopfen!). Was denkt ihr?

Nun sitze ich in meinem Lieblingsguesthouse, dem Chian House (seit 20 Jahren komme ich hierher) in Chiang Mai und höre wieder den Unterhaltungen der Traveller zu. Immer dasselbe und trotzdem würde ich mich manchmal gern unterhalten.

Morgen werde ich versuchen die Fotos etwas gefälliger zu plazieren. Für heute ist Feierabend.
Bis auf Weiteres,
Marcus

Marcus Mitwollen
Marcus Mitwollen

Marcus ist seit 2006 im Verein tätig und war schon Mitglied bei 'Helfen ohne Grenzen Deutschland'. Er ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in Bremen. Von Beruf ist er Intensiv/Anästhesiepfleger im Schichtbetrieb und Bewegungslehrer. Im Verein ist er fast von Beginn an im Vorstand aktiv. Die thailändisch/burmesische Grenzregion kennt er seit 30 Jahren und spricht leidlich Thai. Ihn hat man am Telefon wenn man between-borders anruft.

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