08.03.2016 / Besuch im Loi Sam Sip Camp im Shan-Staat

image

Wir sind in Fang, ganz im Norden Thailands und besuchen hier ein Shan Community Projekt und weitere Stipendiaten, die wir im vergangenen Jahr kennenlernten und ins Programm genommen haben. Nun, da wir schon mal hier sind, wäre es ja eigentlich wirklich praktisch, wenn ich meinen Aufenthalt hier, gleich mit einem Besuch in Loi Sam Sip verbinden könnte. Dafür habe ich an ‚offizieller Stelle‘ bereits vor Tagen angekündigt, daß ich vorhabe, in den Shan-Staat zu gehen. Auch wenn es nur wenige hundert Meter von der Grenze bis rein nach Loi Sam Sip sind, ist dies immerhin ein Grenzübertritt an einem ’nicht offizellen Grenzübergang‘. Hier dürfen nur Bewohner des Camps und einige locals die Grenze übertreten und auch das sind ganz spezielle Arrangements zwischen der Thai-Armee und der Shan-State-Army Süd, die das Gebiet auf der burmesischen Seite kontrolliert.
Wir fragen einen der Lehrer des Fortune Comunity Projektes, ob er vielleicht mit einem der Lehrer in Loi Sam Sip etwas für uns arrangieren kann. Und er kann. Wir dürfen rüber und können uns also auf den Weg machen.
Von Fang geht es zunächst durch riesige Obst-und Blumenplantagen. Hier wird soviel Gift gespritzt, daß es furchtbar stinkt. Die beiden Kollegen, die hinten auf dem Pick Up sitzen tun haben sich Tücher vor das Gesicht gebunden.

In diesen Plantagen leben etliche Menschen aus dem Shan-Staat, die hier die sogenannten ‚ddd‘- jobs erledigen. Die drei d stehen für: dirty, difficult und dangerous. Diese Menschen atmen 24 Stunden am Tag Pestizide ein. Entsprechend hoch ist die Krebsrate und die Zahl  anderer damit in Zusammenhang stehender schwerer Erkrankungen.
Jetzt kommen wir auf die alte Militärstraße, die ab hier Thailand von Burmas Shan-Staat trennt. Ab jetzt gibt es für etliche Kilometer keinerlei Dörfer, Siedlungen oder auch nur Häuser. Links von uns liegen die hohen Shan-Berge, die das Shan Land prägen. Rechts von uns ist Thailand, auch mit hohen Bergen, allerdings ohne allzuviel Bäume darauf.
Es geht höher und höher hinauf. Wir passieren einen checkpoint der königlich thailändischen Armee. Die wissen das wir kommen und wer wir sind und winken uns freundlich lächelnd durch. Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft dieser Soldaten beeindrucken mich immer wieder. Sie finden schlicht gut, daß es Menschen gibt, die da, wo es den Menschen sehr schlecht geht, helfen wollen. Vor allem, wenn es um Kinder geht.
Nach einem weiteren Kilometer zu unserer Linken dann, der Schlagbaum.

image
Blick von Thailand nach Burma
P1010481 Kopie
Grenze
P1010502 Kopie
der Weg von runter nach Loi Sam Sip/im Hintergrund auf den Bergen verschiedene Armeestellungen

Bei den, wieder sehr freundlichen Soldaten auf der Thai-Seite gebe ich nun meinen Pass ab. Es wird ein Foto von mir gemacht. In den Händen halte ich einen großen Zettel auf den ein Grenzsoldat vermeintlich meinen Namen geschrieben hat. „Wie für eine Verbrecherdatei“ denke ich. Dieselbe Prozedur durchlief ich hier im letzten Jahr. Einer der beiden Soldaten, die hier einsam die Stellung halten, salutiert mir sogar. Jetzt bin ich etwas verunsichert. Ich lasse das mal, zurück zu salutieren und bedanke mich freundlich.
Wir passieren den Schlagbaum und sind im Shan-Staat. Ein Schild heißt uns willkommen. Und der Kommandeur, der hier stationierten Einheit der Shan-State-Army. Er begrüßt uns und lädt uns in sein Haus ein. Wir versprechen, ihn nach unserem Besuch der Schule zu besuchen.
Zu Fuß mach wir uns auf den Weg zur Schule. Wir kommen an verschiedenen kleinen sehr einfachen Hütten vorbei. In der Ferne, auf den Bergrücken, kann man die Stellungen der burmesischen Armee erkennen. Aber auch die der UWSA (United Wa State Army), eine der militärischen Gruppen, die für die ethnische Gruppe der Wa, die mitten im Shan-Staat lebt, kämpfen.

Hütte in Loi Sam Sip
Hütte in Loi Sam Sip

Aber auch Thaiarmeestellungen und die der SSA-S (Shan State Army Süd), sind zu sehen. Militärisch herrscht in diesem Gebiet im Moment relative Ruhe. Aber im nördlichen Shan Staat wird gerade heftig gekämpft. Es besteht durchaus die Gefahr, daß diese Kämpfe auch auf das südliche Shan Land übergreifen könnten. Burmas Armee will im Norden Fakten schaffen und die aufmüpfigen Wa isolieren. Es geht um die Verteilung von Ressourcen. Wer in diesem Land, aus welchem Grund gerade mit wem kämpft oder verbündet ist, ist nur sehr schwer zu verstehen und ich möchte jetzt auch nicht weiter darauf eingehen. Ich verweise Sie gerne auf unsere link-Liste. Hier ein Bericht mit einer sehr aufschlußreichen Karte.
Weiter zu unserem Besuch in der Loi Sam Sip Schule. Zusammen mit der Thailfe Stiftung kommt between-borders für die Beschulung der Kinder auf. Das beeinhaltet Schulessen, Lehrergehälter und Unterrichtsmaterialien.

image
Jungs

Wir kommen den steilen Weg über den Platz vor der Schule hinunter treffen die Lehrerin Gtwe Lu, die Frau des Schulleiters. Er selbst sei zur Zeit in Loi Tai Laeng, einem anderen IDP camp  (internal displaced persons). Von den 35 Schülerinnen und Schülern die mit unserem Geld versorgt werden, sind sieben gerade in Fang auf den sogenannten Samlong Feierlichkeiten. Dabei werden die kleinen Shan Jungs wie Prinzen herausgepuzt, heftig geschminkt, so das sie eher wie Prinzessinnnen aussehen, und durch den Ort getragen bevor sie ins Kloster gehen, die Haare abgeschnitten bekommen, ihre orange Robe erhalten und Mönchsnovizen werden.

image
die Lehrern Gtwe Lu, Frau des Schulleiters

Es sind 17 Mädchen und 17 Jungs  die in getrennten Dormitorien schlafen, die auch von uns finanziert wurden. Bei 35 Kinder fehlt mir noch eins. Das ist der Sohn des Lehrerpaares werde ich aufgeklärt. In Thailand und auch hier sind gerade die Zeugnisse ausgegeben worden und  deshalb ist heute Schulfrei. Im Vergleich zum vorangegangenen Jahr, sind die Zeignissen etwas besser ausgefallen, berichtet Gtwe Lu. Alle Lehrer der IDP Schulen werden regelmässig in jeweils 2- wöchigen Seminaren fortgebildet, erzählt sie ausserdem auf meine Frage danach. Die Ernährungssituation der Kinder hat sich grundsätzlich in den letzten Jahren verbessert. Oft reicht das im Budget vorgesehene Geld aber auch nicht aus für ausreichend Fleisch und Gemüse. In Loi

Schule
Schule

Sam Sip selbst wird zwar auch etwas angebaut aber der Boden hier gibt nicht ausreichend her. Wir schlagen nochmal einen Schulgarten vor. Es muß sich nur jemand finden, der diesen dann betreut.P1010509 Kopie
Was weiterhin fehlt, sind Musikinstrumente und Sportutensilien. Ich schreibe mir alles mit, verspreche nichts außer, das ich mich darum kümmere.
Eine andere Nachricht macht mir Sorgen. Der jetztige Schulleiter wird mit seiner Frau und zwei Kindern nach Fang in Thailand umziehen, da ihre Kinder dort zur Schule gehen sollen. Es wird dafür ein Lehrer aus Loi Tai Laeng kommen, der selbst in Loi Sam Sip zur Schule ging. Neuer Schulleiter wird einer der verbliebenen zwei Lehrer in Loi Sam Sip. Also ein Lehrer weniger und ein erfahrener guter Mann gehtweg. Wir vereinbaren allerdings, daß wir über den ehemaligen Schulleiter und seine Frau die Kommunikation nach Loi Sam Sip aufrecht erhalten.
Dann ist es schon wieder Zeit sich zu verabschieden. Ich schaue mir noch das Schulgebäude an das mit dem Geld unseres Vorgängervereins ‚Helfen ohne Grenzen‘ gebaut wurde. Dasalte Gebäude war ein unfreundliches dunkles Loch. Die Schule macht einen guten Eindruck. Sie ist heller und die Lernatmosphäre ist sicher eine Bessere. Wir verabschieden uns und machen uns wieder auf den Weg in Richtung Grenze. Aber nicht ohne den versprochenen Besuch beim Kommandeur zu machen. Es ist eben auch wichtig sich mit diesem Mann gut zu stellen, da er viel entscheidet. Meine Erfahrung ist, daß die jeweiligen Kommandeure der SSA-S sehr besonnene, freundliche und kooperative Leute sind.

image
zu Besuch beim Kommandeur

Das habe ich tatsächlich bei entsprechenden Funktionsträgern oder Soldaten anderer Gruppen schon anders erlebt. Die rissen sich die von mir mitgebrachten Cookies, die für die Kinder gedacht waren, erstmal unter den Nagel.

image

Davon war entlang der Grenze zum Shan Staat nie auch nur im Ansatz die Rede. Wir werden in seine Hütte gebeten und seine Frau hat uns schon Tee zubereitet und etwas Obst auf den Tisch gestellt. Ein wenig smalltalk und dann frage ich nach seinem Verhältniss zum aktuellen Kommandeur der Thaigrenzeinheit, die hier stationiert ist. Davon hängt nämlich viel ab, was die Bewegungsfreiheit der Bewohner von Loi Sam Sip betrifft. Man muß verstehen, daß die ja kaum weiter ins Landesinnere gehen können ohne in Gefahr zu geraten. Also ist der einzige Weg um z.B. Dinge zu kaufen, die sie dringend benötigen oder vielleicht sogar auf der Thaiseite arbeiten zu gehen, der, über die Grenze. Das müssen ihnen die Thais aber erlauben. Eigentlich jedes Mal ein illegaler Grenzübertritt.
Zur militärischen Situation, also Sicherheit von Loi Sam Sip, sagte er, daß diese momentan ruhig sei. Bei unserem letzten  Besuch war diese sehr angespannt.
Ein sehr angenehmer Mann, wie ich finde. Er bedankt sich für unsere Hilfe und lädt uns ein, jederzeit wieder sein Gast zu sein.

image
unser Team mit unserem Gastgeber

Ich verabschiede mich von ihm, dann vom Shan-Staat und es werden noch ein paar Fotos geschossen. Wir fahren mit einem Wagen aUs dem Lager wieder an die Grenze und gehen zu Fuß nach Thailand. Unseren Wagen mussten wir beim Grenzposten stehen lassen. Wahrscheinlich hat man Angst, daß er in Burma den Besitzer wechselt könnte.
Ich erhalten meinen, von mir innig geliebten, Reisepass zurück und es geht zurück nach Fang.
Loi Sam Sip ist seit vielen Jahren das am schlechtsten versorgte IDP-Camp  entlang der Grenze. Das neue Schuljahr fängt bald an und between-border wird die Schule zusammen mit der Thailife-Foundation weiterhin unterstützen.

Hier zu unserem Bericht vom letzten Jahr

Marcus Mitwollen
Marcus Mitwollen

Marcus ist seit 2006 im Verein tätig und war schon Mitglied bei 'Helfen ohne Grenzen Deutschland'. Er ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in Bremen. Von Beruf ist er Intensiv/Anästhesiepfleger im Schichtbetrieb und Bewegungslehrer. Im Verein ist er fast von Beginn an im Vorstand aktiv. Die thailändisch/burmesische Grenzregion kennt er seit 30 Jahren und spricht leidlich Thai. Ihn hat man am Telefon wenn man between-borders anruft.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

14 − drei =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.